Mit einer ersten gemeinsamen Demonstration und rund 30 verschiedenen Booten protestierten Unternehmer und Schiffsführer für die bunte Vielfalt auf dem Wasser in Berlin.
Diese erste Aktion verweist auf die neue Sportbootvermietungsverordnung und ihre Auswirkungen.
Mit Hilfe einer spontanen Entscheidung initiierte das Bundesverkehrsministerium zu Beginn des Jahres ein Verbot für die historische und bunte Schiffsvielfalt. Eine Art Aderlass für eine aufkommende Branche? Denn diese „bunte Flotte“ reicht von traditionellen Schiffen und Sportbooten über moderne Solarboote oder Partyflöße bis hin zum alten Dampfeisbrecher in Berlin. Gab es da gar eine Zuarbeit der Lobby der Dickschiffe bzw. großen Fahrgastschiffe? Immerhin ist Jürgen Loch, Chef der Stern- und Kreisschiffahrt, vor Jahren als Gründungsmitglied von „Berlin attractions“ bereits in Lobby-Arbeit erfahren genug. Der Tagesspiegel berichtete unter der Überschrift „Neue Lobby für Berlins Attraktionen“. Wie steht Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) dazu? Auf einigen Plakaten wurde ihm die Verantwortung zuteil.
Der Lobbyismus der „Dampfer“ ist also nicht neu. Geht es hier wirklich um ihre Interessen? So könnte man meinen. Der Vorteil läge auf Seiten der großen Reedereien. Denn gerade als Sportboot eingestufte kleinere Schiffe sollen in der Vercharterung reglementiert werden. Alte aufbereitete Backdecker oder das Hauptstadtfloß sind zunehmend gefragt für Hochzeiten oder Firmenevents. Klassiker werden von Gästen der Hotels oder von Filmproduktionen nachgefragt. Eine wachsende Konkurrenz auf dem Wasser? Doch Vielfalt belebt allgemein das Geschäft und bringt Innovationen hervor, die der Hauptstadt gut zu Gesicht stehen. Das soll nun vorbei sein, wenn Charterkunde selbst nicht im Besitz eines Bootsführerscheines ist.
Warum? Weil diese Schiffe keine Fahrgastschiffe sind!
Eigentlich wird die gewerbliche Nutzung in der Sportbootvermietungsverordnung geregelt. Und auf dieser Basis hat sich in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg Vorpommern und Sachsen ein kleines wassertouristisches Nischengewerbe entwickelt. An die 50 Unternehmen vermieten um die 200 Boote an Kleingruppen für Hochzeitsgesellschaften, Firmenfeiern und andere Events. Regelmäßig wurden per Binnenschiffahrt-SportbootvermietungsVO und Bootszeugnis Boote mit Plätzen für 25 bis 40 Personen zugelassen, die weder einzelnene Personen befördern noch nach festen Routen oder Abfahrtzeiten agieren. Diese Charterboote können nur im Ganzen gebucht werden und ergänzten bisher das Angebot neben den großen Fahrgastschiffen, die in der Regel auf eine Auslastung mit über 50 Passagieren ausgelegt sind.
Das ist nun erstmal vorbei:
Sportboote dürfen zwar immer noch vermietet werden, aber nun nicht mehr an gewerbliche Unternehmen wie Hochzeitsplaner oder Filmstudios. Und das auch nur noch an Selbstfahrer! Die vielen wertvollen Boote lassen sich aber nicht ohne Weiteres von einem Laien bedienen. Paradox mag die Begründung da klingen, dass nach mehr Sicherheit auf den Gewässern verwiesen wird. Man spricht sogar von verdeckter Fahrgastschifffahrt und allzu großen Risiken. Kaum vorstellbar, dass ein “Hobby-Skipper” den Umgang mit historischen Booten zu 100 Prozent beherrschen wird oder gar der Bootseigner einer teuren RIVA ungeübten Steuermännern das Ruder überlassen wird.
Zwar wurde der Erlass mittlerweile bis Ende des Jahres außer Kraft gesetzt, doch gibt es derzeitig keine Rechtsgrundlage mehr für die rund 50 Gewerbetreibenden in und um Berlin. In der Hoffnung auf eine friedliche und einvernehmliche Lösung demonstrierten nun die Sportschiffer und Kapitäne auf der Spree.
Steffen Bruenn von der internationalen Yachtcharter-Suche YACHTICO.com hat da seine eigene Meinung: „Die Vielfalt auf dem Wasser ist ein wesentlicher Bestandteil eines immer aktiveren Chartermarktes in Berlin. Das Chartern von kleineren Booten mit individuellen Törns wird beispielsweise bei jungen Touristen und Einheimischen immer beliebter und gestaltet den Berliner Tourismus. Ausflugsdampfer und Massentourismus finden unter der jüngeren Zielgruppe nicht überall Gefallen. In einer Stadt, die gerade das kurzfristige Mieten für Übernachtungen in privaten Wohnungen entdeckt, neben dem jungen Car-Sharing endlich bezahlbare Limousinen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht, wo Segways oder Fahrräder das individuelle Erschließen der Stadt ermöglichen, da sollte es auch die Freiheit geben, auf einem gecharterten Boot mit Freunden oder Kollegen zu “shippern”. Und machen wir uns nichts vor. Die traditionelle Fahrgastschifffahrt der Dickschiffe steht doch im Moment vor der größten Konjunktur aller Zeiten. Die Generation der Baby-Boomer ist jetzt zwischen 47 und 65 Jahre alt und füllt gerade massiv die nächsten 10 Jahre die breite Masse der Rentner auf. Da gibt es genügend Kaffeefahrten zu verkaufen. Mehrumsatz garantiert. Berlin sollte sich aber auf kommende Generationen konzentrieren. In dieser Stadt wurden Mauern abgerissen, Techno wurde populär, die weltweite Kunstszene akzeptiert endlich wieder Berlin und Entrepreneure aus aller Welt gründen neuerdings hier und gehen nicht unbedingt ins Silicon Valley oder nach London. Eine bunte Vielfalt.”
Die Bunte Flotte ist eine Initiative des Wirtschaftverbands Wassersport e.V.
Pressekontakt: Max Hiller 0174 / 226 320 59 53 oder max.hiller@wassersport-verband.de
https://www.denic.de/service/transit-verfahren/informationsseite